Für Karl Marx repräsentierten die Juden die hässlichen Seiten des Kapitalismus, weshalb "die Judenemanzipation in ihrer letzten Bedeutung (...) die Emanzipation der Menschheit vom Judentum" sei. Das schrieb Karl Marx im jugendlichen Alter von vierundzwanzig Jahren in seiner bekannten Schrift "Zur Judenfrage", über die bis heute unter den Linken gestritten wird, ob sie antisemitisch sei oder nicht. Der weniger militant formulierende Friedrich Engels bewunderte dagegen die Tatkraft und den Edelmut der Juden. Der Führer der deutschen Sozialdemokratie August Bebel prägte das Diktum, der Antisemitismus sei der Sozialismus der dummen Kerle, womit er schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts prophetisch die antisemitische Entartung sozialistischer Ideen anprangerte.
Die Haltung der Sozialisten zum Judentum und zu den Juden war von Beginn an sehr differenziert und widersprüchlich. Vom radikalen Flügel der Sozialisten, den Kommunisten, wurde der Zionismus schon vor dem Zweiten Weltkrieg als eine jüdische Variante des bürgerlichen Nationalismus verworfen und bekämpft. Daran änderte auch der Holocaust nichts. Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die sowjetische Geopolitik die arabischen Staaten von rückständigen Feudalstaaten zu Verbündeten im Kampf gegen den westlichen "Imperialismus" mutieren, wobei zugleich Israel vom hoffungsvollen sozialistischen Verbündeten zum verachtungswürdigen Lakaien des "amerikanischen Imperialismus" degradiert wurde. Diese stalinistische ideologische Schablone ist in weiten Kreisen der Linken bis heute verbindlich und milieuprägend geblieben.
In der DDR der fünfziger Jahre gerieten Juden, die sich als Angehörige des jüdischen Volkes verstanden, in einen Konflikt mit der SED-Parteilinie, auch wenn sie ansonsten als treue Kommunisten galten. Denn wer ein Jude war definierte die Parteiführung, und sie betrachtete Juden ausschließlich als Bekenner jüdischen Glaubens. Im Gegensatz dazu galten in Polen auch den Kommunisten die Juden als Angehörige der jüdischen nationalen Minderheit. Und sie wurden, besonders 1968, von Führern der polnischen kommunistischen Partei auch dann als Juden betrachtet, wenn sie sich selbst als Polen definierten und keinerlei Verbindung mit der jüdischen Religion und der jüdischen Tradition hatten. Menschen "jüdischer Herkunft" wurden in Polen, auch gegen ihren Willen, als Juden angesehen und als solche 1968 von der Partei und Regierung aus dem Land gejagt.