"Menschen wurden auf dem Markt versammelt, Männer, Frauen und Kinder getrennt. Den Männern und Frauen befahl man, sich umzudrehen. Danach wurden Hunde auf die Kinder gehetzt. Die Erwachsenen hörten das Weinen und Schreien der Kinder. Kurz danach sahen sie Kinderleichen in Blutlachen." Die in diesem Buch veröffentlichten Berichte einiger Erwachsener und Kinder, jüdischer Überlebender des Nazi-Besatzungsterrors in Polen, wurden unmittelbar nach Kriegsende aufgezeichnet, als die Erinnerungen an den Horror der Verfolgung und der ständigen Angst um das eigene Leben und das der Nächsten noch frisch waren. Sie sind eine Auswahl aus Tausenden pol-nischsprachigen Gedächtnisprotokollen aus dem Bestand des Archivs des Jüdischen Historischen Instituts Warschau. Das Verbindende der vom Autor dieses Buches Gabriel Berger ins Deutsche übersetzten Augenzeugenberichte ist, dass sie von Personen stammen, die in der polnischen Stadt Tarnów oder ihrer näherer Umgebung gelebt, dort die Gewalt und den Terror der deutschen Besatzung erlitten hatten und nur durch ungewöhnlichen Mut und glückliche Umstände das über alle Juden verhängte Todesurteil der Nationalsozialisten überleben konnten. Die Grausamkeit und Brutalität der minutiös beschriebenen Gewaltakte übersteigt zuweilen den Rahmen des für Menschen Erträglichen und zeugt von einer vom deutschen esatzungsregime geförderten sadistischen Lust der SS- und Gestapo-Besatzer und ihrer Helfer am Morden ganz besonders von jüdischen Kindern. In ihren Erinnerungen legen die jüdischen Überlebenden auch Zeugnis vom Verhalten der polnischen Bevölkerung angesichts des vor ihren Augen von den Nazi-Besatzern ausgeführten Todesurteils an ihren polnischen Nachbarn ab. Selbstlose Hilfe, Gleichgültigkeit, Erpressung, Denunziantentum, Ausnutzen der Notlage, Mittäterschaft - die Haltungen von Polen gegenüber dem Leid der verfolgten jüdischen Mitbürger waren sehr unterschiedlich. Die Veröffentlichung dieser Erinnerungen ist auch eine späte Würdigung des einst so vielfältigen und blühenden jüdischen Lebens der Stadt Tarnów, eine Verneigung vor der Tragik des von Nazi-Henkern inszenierten sinnlosen Sterbens ihrer jüdischen Bürger, vor dem Lebensmut der Überlebenden, wie auch vor dem verzweifelten Heroismus der jungen jüdischen Kämpfer gegen den übermächtigen nationalsozialistischen Feind.